(Redaktion) Es war zu erwarten, dass sich die Presse umfänglich mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes über die Klage der PKV befassen wird. Die Darstellung ist in den einzelnen Presseorganen - je nachdem ob für die GKV oder für die PKV eingestellt - wie zu erwarten sehr unterschiedlich ausgefallen. Für die Beschäftigten der GKV steht mit dem Urteil und der Äußerung von Kassenverantwortlichen auch aus dem Lager der Ersatzkassen (siehe: Vorstandsvorsitzender Vöcking, BARMER) fest, dass die Zusammenarbeit mit der PKV noch intensiver wird. Vielleicht ja auch ein wenig übersichtlicher! Nachstehend ein Bericht aus der Financial-Times-Deutschland (FTD) vom heutigen Tage zum Vorgang aus der Sicht der FTD-Redaktion.


Zitat:

Financial Times Deutschland vom 11.06.2009

Kassen wittern privates Zusatzgeschäft

Karlsruher Urteilsspruch beflügelt die gesetzliche Krankenversicherung
Politiker zufrieden mit dem gewonnenen Spielraum
VON ILSE SCHLINGENSIEPEN, KÖLN, UND HERBERT FROMME, KARLSRUHE

Die gesetzlichen Krankenkas­sen sehen sich nach dem Scheitern der privaten Kon­kurrenz  vor  dem  Bundesverfas­sungsgericht in der Offensive. „Wir werden unsere Zusatztarife jetzt ak­tiv und intensiv bewerben", sagte Wilfried  Jacobs,Chef  der  AOK Rheinland/Hamburg, der FTD.
Die Bundesregierung hatte in der jüngsten Gesundheitsreform den gesetzlichen Krankenkassen (GKV) ausdrücklich erlaubt, selbst Wahl-und Zusatztarife anzubieten. Sie konkurrieren dabei direkt mit Zu­satzangeboten der privaten Kran­kenversicherer (PKV). Auch dage­gen hatten die Privatversicherer in Karlsruhe Beschwerde eingelegt.

Doch das Gericht wies gestern diesen Teil der Beschwerde als un­zulässig zurück. „Die bloße Er­mächtigung zur Einführung von Wahltarifen durch die gesetzlichen Krankenversicherungen kann die privaten Krankenversicherungen noch nicht unmittelbar in Grund­rechten betreffen", sagte Verfas­sungsgerichtspräsident Hans-Jür­gen Papier.

Die AOK Rheinland/Hamburg ist Vorreiter bei den Wahltarifen. Seit April 2007 bietet sie ihren Versi­cherten Zusatzdeckungen für Zahnersatz, bessere Unterbringung im Krankenhaus oder medizinische Versorgung im Ausland an. Das war bis dahin ausschließliches Ge­schäftsfeld der privaten Anbieter. Bislang hat die Kasse rund 68000 Policen verkauft.

Die Entscheidung der Karlsruher Richter zeige, dass solche Klagen der falsche Weg seien, sagte Jacobs. „Das Urteil sollte die immer schon klagewütige PKV zum Nachdenken über ihre Geschäftspolitik anregen. Kooperation ist oftmals besser." Jo­hannes Vöcking, Vorstandsvorsit­zender der Barmer Ersatzkasse, stieß in dasselbe Horn. „An den Kla­gen aus dem Bereich der PKV kann man erkennen, dass die Versicherer schon bei den kleinsten Wettbew­erbselementen zu lamentieren an­fangen", sagte er.

Im selben Atemzug begrüßt Vö­cking allerdings, dass die Karlsru­her Richter die Möglichkeit der PKV begrenzt haben, Versicherte aus der GKV abzuwerben. Sie hatten die dreijährige Wechselsperre bei gut verdienenden Angestellten durch­gewunken. „Das ist eine Stärkung der Solidarität", betonte Vöcking.

Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) zeigte sich zufrie­den damit, dass Karlsruhe die Handlungsmöglichkeiten des Par­laments nur gering einschränkte. Auf die Frage, ob das Urteil ein Punktsieg für die von der SPD ange­strebte Bürgerversicherung auch für Beamte und Selbstständige sei, antwortete sie: „Es sagt auf jeden Fall, dass der Gesetzgeber großen Handlungsspielraum hat, wenn er dafür sorgen will, dass alle Men­schen in diesem Land bezahlbaren Krankenversicherungsschutz ha­ben." Auch CDU-Gesundheitspoli­tikerin Annette Widmann-Mauz begrüßte den Richterspruch. „Die Kernelemente der Reform bedeu­ten mehr Transparenz, Wettbewerb und Versichertenorientierung auch für das private Krankenversiche­rungssystem", teilte sie mit.

Doris Pfeiffer, Vorsitzende des GKV-Spitzenverbands, forderte so­gar weitere Gesetzesänderungen. Zwar könnten privat Versicherte ihre Alterungsrückstellung mitneh­men, wenn sie zu einem anderen PKV-Unternehmen wechselten. Wechseln sie aber zwangsweise in eine Kasse, weil sie wieder weniger verdienen, gehen ihnen die Alte­rungsrückstellungen verloren. „Hier besteht noch Reformbedarf', sagte Pfeiffer.

Geteilter Markt


Gesetzlich:
Rund 71 Millionen Men­schen sind in Deutschland bei ei­ner gesetzlichen Krankenkasse ver­sichert. Von ihnen sind 65 Millio­nen pflichtversichert, sechs Millio­nen freiwillig. Die etwa 200 Kas­sen kamen 2008 insgesamt auf Beitragseinnahmen von 156 Mrd. €. Die Ausgaben für die Versicherten betrugen 151 Mrd. €.

Privat: Bei den 46 privaten Kran­kenversicherern haben 8,6 Millio­nen Personen einen vollen Kran­kenversicherungsschutz, davon 4,5 Millionen Beamte. Darüber hin­aus besitzen 15,4 Millionen geset/-lich Versicherte einen privaten Zu­satzschutz, Die Branche erzielte 2008 Beitragseinnahmen von 30,3 Mrd. €, die Versicherungsleis­tungen betrugen 20,1 Mrd. €

Zitat Ende:

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