Die letzten Sozialwahlen fanden vor einem Jahr statt. Seit November des Jahres 2023 haben sich die neuen Gremien, ob Vertreterversammlung, Vorstände oder Verwaltungsräte für die neue Wahlperiode konstituiert. Der Schock der sich in einer Urwahl zur Wahl stellenden Listen über die sehr geringe Wahlbeteiligung scheint, zumindest in den öffentlich wahrgenommenen Stellungnahmen oder Aussagen der maßgeblichen Vertreter vorübergegangen zu sein.

    Gut, es gab eine Veranstaltung des Bundeswahlbeauftragten, in der die Wahlen von betroffenen Organisationen bewertet wurden. Insbesondere die doch sehr geringe Wahlbeteiligung trotz der Möglichkeit bei den Ersatzkassen Online wählen zu können. War doch gerade im Vorfeld die Möglichkeit von Onlinewahlen als sog. Gamechanger dargestellt worden. Der Anteil der Wahlberechtigten, die ihre Stimme online abgegeben haben, war erschreckend gering. Da war es auch nicht hilfreich, dass der Anteil bzw. Prozentsatz derjenigen, die ihre Stimme online abgegeben haben, zur Verschönerung des Ergebnisses, von der Zahl der insgesamt abgegebenen Stimmen errechnet wurde. Also nicht von der Anzahl der Wahlberechtigten. Wollte man da die Aussage in der Veranstaltung zur Sozialwahl im BMAS beschönigen? Lautete doch die Aussage, man könnte mit der Onlinewahl an die Ergebnisse der Beteiligung von litauischen Staaten bei Wahlen heranreichen. War damals wohl nur ein Mutmacher in Kenntnis, dass das Verfahren für den Einzelnen doch komplizierter war (ist), als die Briefwahl.

     

    Unsere Auffassung, wie Sozialwahlen in der Zukunft aussehen müssten und welche Aufgaben der Selbstverwaltung zusätzlich oder ergänzend übertragen werden könnten oder gar müssten, haben wir seit dem Wahltermin 2011, über den Termin 2017 bis hin zum Termin 2023 dargestellt. Bisher wurde das hauptsächliche Hindernis für eine geringe Wahlbeteiligung darin gesehen, dass die  "Sozialpartnerschutzklausel", nicht verändert wurde. Nach wie vor darf es Wahlen ohne Wahlhandlung (sog. Friedenswahlen) geben. Das demokratische Prinzip: Eine Person, eine Stimme und das dann bei allen Sozialversicherungsträgern, wird also weiter – natürlich gesetzlich normiert – durch die weiter bestehende Regelung  "der Wahlen ohne Wahlhandlung" ausgehebelt. 

    Warum ist dies bisher so? Zu vermuten ist, dass der Einfluss der Sozialpartner auf der Versichertenseite, (nach landläufiger Auffassung sind, dies die Gewerkschaften) verhindert hat, dass es zu einer Veränderung des Wahlrechts mit der Vorgabe von Urwahlen kommt.

    Der Bundeswahlbeauftragte arbeitet zurzeit noch an seinem Bericht über die Sozialwahl 2023. Sicherlich werden in diesem Bericht auch Vorschläge für die Durchführung zukünftiger Wahlen zu den "Sozialparlamenten" stehen. Aus den bisher an unser Ohr gedrungenen Informationen werden auch Forderungen von uns für ein neues Sozialwahlrecht in diesem Bericht enthalten sein. Was verwundert ist, dass die CDU/CSU mit einem Antrag im Bundestag mit dem Titel

    Sozialwahlen reformieren – Wahlbeteiligung erhöhen und Selbstverwaltung stärken

    am 25.06. veröffentlicht, vorprescht und Forderungen für ein neues Sozialwahlrecht aufstellt. Dies bevor der, der eigenen Partei angehörige Bundeswahlbeauftragte, Peter Weiß seine offizielle Stellungnahme bzw. seinen vorgeschriebenen Bericht abgegeben hat oder abgeben konnte.

    Die vorgenannte Unterlage befasst sich mit Forderungen zu zukünftigen Sozialwahlen. Die Vorlage vertritt dabei auch in wesentlichen Teilen Positionen, die auch wir vertreten. Das sind z. B.

    1. die Forderung nach Onlinewahlen bei allen Trägern
    2. Urwahlen, also echte Wahlen nach dem Motto: Eine Person, eine Stimme bei allen Sozialversicherungsträgern, ob in der DRV oder in der GKV
    3. Zusätzliche Aufgabenübertragung an die Selbstverwaltung (dies nicht nur bei der DRV)

    Die Begründung für die nicht akzeptable Wahlbeteiligung in der Bundestagsdrucksache kann jedoch von uns nur teilweise nachvollzogen werden. Unsere Wahrnehmung ist, dass die mangelhafte Wahlbeteiligung allein dem Tatbestand geschuldet ist, dass es keine durchgängige Urwahl bei den Trägern gibt. Wie soll es dem "Wahlvolk" verklickert werden, dass sie zwar bei der DRV Bund wählen können, jedoch nicht bei AOK und BKK, aber auch nicht bei den Regionalträgern der DRV, aber wiederum bei den Ersatzkassen? Nur über einen einheitlichen Wahlakt bei allen Trägern der Sozialversicherung ist die Wahl jedem Wähler verständlich zu machen und die Wahlbeteiligung zu erhöhen. Mitwirkungsmöglichkeit in der Demokratie ist (siehe unser Grundgesetz) letztendlich nur über die Möglichkeit der persönlichen Stimmabgabe gewährleistet. Nicht aber durch – sollen wir sagen auskungeln – der Besetzung der "Versichertenparlamente" durch die in der Regel "Sozialpartner", also den Gewerkschaften, in den Regionalträgern der DRV und in der GKV, jenseits der Ersatzkassen und der DRV Bund. Für die Gewerkschaften ist der bisherige Zustand ein wunderbares Instrument der "Machterhaltung". Von ihnen ist für den Vorschlag der CDU/CSU keine Unterstützung zu erwarten.

    Wir fügen den Antrag der CDU/CSU nachstehend bei. Die gelb gezeichneten Stellen weisen aus, dass hier Stellungnahmen von uns aufgenommen wurden, für die unsererseits eine positive Bewertung festgestellt wird. Dies gilt in besonderem Maße für die Stärkung der Selbstverwaltung im Bereich der Rehabilitation.