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    Wenn morgens schon die Polizei klingelt, bedeutet das nichts Gutes, so die SZ vom 28.06.2023. Wenn aber nicht nur zwei, sondern 200 Beamte im Einsatz sind, dann wird jedem klar sein: Es wird ernst.  So geschehen beim skandalgeschüttelten Immobilienkonzern "Adler Group – Real Estate". Von der Staatsanwaltschaft Frankfurt angeführt rückten 175 Fahnder aus und durchsuchten insgesamt 21 Objekte der Firma "Adler". Darunter waren Büros und Wohnungen und sogar eine Anwaltskanzlei.  Verdacht: Das Unternehmen, das schon seit langem im Gespräch ist, könnte Bilanzen aufgebläht (gefälscht?) und Scheinverträge geschlossen haben. Diese Maßnahme ist der vorläufige Höhepunkt in einem schon mehr als zwei Jahren laufenden Wirtschaftskrimi. Ohne uns vorliegendes Drehbuch soll es sich um Immobiliendeals, mutmaßliche Bilanztricks und mögliche Scheingeschäfte handeln.

    Was in diesem Zusammenhang, außer einem allgemeinen Interesse an der Maßnahme, interessiert daran die Sozialversicherung? Die Frage ist berechtigt. Seit einiger Zeit können auch Körperschaften des öffentlichen Rechts, wie die gesetzlichen Krankenkassen oder die Deutsche Rentenversicherung Rücklagen auf dem Kapitalmarkt anlegen. Wenn man sich so erkundigt, dann wird – zumindest im Einzelfall bei einer Krankenkasse – auf Rückfrage durch ein Verwaltungsratsmitglied von der nicht zuständigen Compliance-Beauftragten mitgeteilt, dass alle getätigten Anlagen – also auch die bei der Adler Group – rechtlich einwandfrei, also ordnungsgemäß erfolgten. Jedoch wird natürlich dann nicht bekannt gegeben, ob man die Bonität1 des Unternehmens über alle Zweifel erhaben ist. Leicht festzustellen durch speziellen Anfragen bei der mit Materie betrauten Personen / Firmen. Das wohl immer dann, wenn man als Körperschaft in der Vergangenheit keine Erfahrungen mit Fragen von Anlagen in doch nicht unerheblicher Höhe hat oder hatte.

    Gibt es Kassen, die zittern müssen?

    Wenn jetzt also Unruhe in dieser oder jener Körperschaft aufkommt, dann ist dies verständlich.  Ist doch jetzt (vielleicht?) Vorsorge zu treffen für Ausfälle in einem doch nicht geringen 7-stelligen Bereich. Man kann sich zwar vorstellen, was in der Vergangenheit in den Köpfen von Verantwortlichen für die Finanzen vorgegangen ist.  Minuszinsen bei Anlagen bei der Bundesbank.  Sichere Anlagen mit Zinsen so gut wie ausgeschlossen. Und dann kommt da ein Unternehmen, dass eine Rendite – nein sagen wir Zinsen – auf die Anlage von 3 % und vielleicht mehr bietet? Wie kann man da widerstehen? Ganz einfach: Gelder der Versicherten sind keine Spekulationsobjekte. Gelder der  Versicherten sind seriös anzulegen. Sie sind nicht Eigentum eines Einzelnen oder einer Körperschaft öffentlichen Rechts, als mittelbare Staatsverwaltung, wie es nun einmal Krankenkassen sind. 

    Verantwortung? Wer?

    Wenn jetzt also diese Fragen in den / oder vielleicht nur dem Verwaltungsrat gestellt werden müssen, geht es auch um die Verantwortung für eine solche Entscheidung. Das heißt konkret:  Wer trägt die Verantwortung, wenn sich herausstellt, dass die Prüfung der Bonität fahrlässig vorgenommen wurde? Ein Herausreden nach dem Motto: das Bundesamt für soziale Sicherung (BAS) hätte keine Einwände gehabt, gilt nicht. Die BAS prüft nicht die Bonität der mit einer Anlage versehenen Firma, sondern ob überhaupt eine Anlage in einer solchen Form mit den gesetzlichen Regeln im Einklang steht. Die Bonität prüft allein der oder die Anleger.

    Warten wir also ab, ob und in welcher Form Anlagen bei der Adler Group seitens der Körperschaft, in der auch unsere Verwaltungsräte über die ordnungsgemäße Geschäftsführung wachen, von diesen und in welcher Höhe getätigt wurden. Und vielleicht lässt sich ja auch erfahren, in welcher Höhe inzwischen Rückstellungen für etwaige Ausfälle getroffen wurden. Übrigens: Bei der Frage wer hat entschieden,  stellt sich auch immer gleich die Frage, wer ist verantwortlich für den Schaden. Also die Compliance-Beauftragte ist es schon einmal nicht.

    1)Bonität (lat. bonitas = Vortrefflichkeit) beschreibt den Willen und die Fähigkeit eines Kreditnehmenden, seinen Zahlungsverpflichtungen vollständig und fristgerecht nachzukommen. Das deutsche Pendant ist der Begriff Kreditwürdigkeit.

     

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