Wir berichteten unter dem 21.03. das erste Mal über die damals noch geplante Rentenerhöhung im Jahr 2013 unter der Überschrift "Rentenerhöhung - Ergebnis: 13:1 für den Osten"
In diesem Artikel wird darauf hingewiesen, dass diese so unterschiedliche Erhöhung der Anpassungssätze in Ost und West einem normal Sterblichen nicht zu erklären sein wird. Auch wenn alles den gesetzlichen Vorgaben entspricht, also auch die Formeln für die Berechnung richtig angewandt werden, bleiben doch erhebliche Fragen. Dazu kommt, dass die zuständige Ministerin erklärt, dass damit der Abstand zwischen den Renten in Ost und denen in West vermindert wird.
Was allerdings dabei vergessen wird, ist dass dieser Vorgang zurzeit nur dem Tatbestand geschuldet ist, dass die Entgeltsentwicklung sich im Osten positiver als im Westen niederschlägt. Mit einer Anpassung der Renten in Ost und West aufgrund geänderter gesetzlicher Vorgaben hat dies aber nichts zu tun.
Die Aussage der Ministerin soll wohl eher als Ruhigstellung der Westrentner im Wahlkampfjahr dienen und zugleich den Ostrentnern suggerieren, dass die von ihnen geforderte Anpassung der Ostrenten an die Westrenten auf einem guten Weg ist.
Wir haben uns bemüht eine (noch halbwegs verständliche) Ausarbeitung von der Rentenversicherung (DRV-Bund) zu bekommen, die erklärt wie sich die Rente und aus welchem Grunde so und nicht anders erfolgt bzw. erfolgen muss.
Für die Erläuterung des hohen Unterschiedes der Anpassungswerte ist es zunächst erforderlich, näher aufzuzeigen, wie sich die Anpassungswerte zusammensetzen. Es handelt sich um einen Versuch der Klarstellung. Wir erwarten jedoch nicht, dass es für Jedermann verständlich ist. Es ist wohl eher etwas für die Experten.
Erklärung:
Der aktuelle Rentenwert 2013 berechnet sich aus dem aktuellen Rentenwert 2012 multipliziert mit einem Lohn-, Beitragssatz- und Nachhaltigkeitsfaktor. Die Veränderung des aktuellen Rentenwertes ergibt den Rentenanpassungssatz.
Aktueller Rentenwert 2013 (AR 2013) =
AR 2012 × Lohnfaktor × Beitragsfaktor × Nachhaltigkeitsfaktor
Zu den Faktoren im Einzelnen:
Lohnfaktor:
Der Lohnfaktor ergibt sich aus der Veränderung anpassungsrelevanter Bruttolöhne nach der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung (VGR) aus dem Jahr 2012 korrigiert um die Veränderung der beitragspflichtigen Entgelte 2011 im Verhältnis zur Veränderung der anpassungsrelevanten Bruttolöhne nach der VGR 2011.
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West |
Ost |
Veränderung der anpassungsrelevanten Bruttolöhne VGR 2012 |
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+ 3,17 % |
+ 3,19 % |
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West |
Ost |
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Veränderung beitr.pflicht.Entg. 2011 |
1,98 % |
3,10 % |
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Veränderung anpassungsrelevante Bruttolöhne nach VGR 2011 |
3,65 % |
1,98 % |
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Korrektur der Bruttolöhne um beitragspflichtige Löhne |
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- 1,67 % |
+ 1,13 % |
Beitrag des Lohnfaktors zur Anpassung: |
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+1,50 % |
+ 4,32 % |
Beitragssatzfaktor:
Die Wirkung des Beitragssatzfaktors auf die Rentenanpassung ergibt sich wie folgt
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West |
Ost |
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Die Veränderung des RV-Beitragssatz 2012 |
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+ 0,39 % |
+ 0,39 % |
und die Veränderung des Altersvorsorgeanteils |
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- 0,65% |
- 0,65 % |
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ergibt eine Anpassungswirkung von: |
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- 0,26 % |
- 0,26 % |
Nachhaltigkeitsfaktor:
Der Nachhaltigkeitsfaktor ergibt sich aus der Veränderung des Rentnerquotienten. Letzterer beschreibt das Zahlenverhältnis der Äquivalenzrentner zu den Äquivalenzbeitragszahlern
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West |
Ost |
Die Entwicklung dieses Verhältniswertes ergibt für 2012 einen Beitrag des Nachhaltigkeitsfaktors zur Rentenanpassung von: |
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- 0,72 % |
- 0,72 % |
Ausgleichsbedarf:
Die sogenannte „Schutzklausel“ verhindert, dass eine Rentenanpassung negativ ausfallen kann. Tritt ein solcher Fall ein, ergibt sich für folgende Rentenanpassungen ein Ausgleichsbedarf. Dieser führt dazu, dass der ermittelte Anpassungsfaktor um die Hälfte gekürzt wird. Zur Rentenanpassung 2013 gab es für den Rechtskreis West noch Ausgleichsbedarf. Der aktuelle Rentenwert ist noch um 0,71 Prozent zu vermindern. Für den Rechtskreis Ost bestand kein Ausgleichsbedarf mehr.
Danach ergeben sich abschließend folgende Beiträge der oben genannten Faktoren zur Rentenanpassung:
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West |
Ost |
Lohnfaktor |
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+1,50 % |
+4,32 % |
Beitragssatzfaktor |
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- 0,26 % |
- 0,26 % |
Nachhaltigkeitsfaktor |
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- 0,72 % |
- 0,72 % |
Zwischenergebnis |
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vor Berücksichtigung des Ausgleichsbedarfs |
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+ 0,50 % |
+ 3,29 % |
Anpassung |
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nach Berücksichtigung des Ausgleichsbedarfs |
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+ 0,25 % |
+ 3,29 % |
Nach der Rentenanpassung verbleibt im Westen ein Ausgleichsbedarf von 0,46 %.
(Hinweis: Der Anpassungsfaktor wird durch komplexe Rechenoperationen ermittelt. Die Einzelwerte für die maßgeblichen Faktoren sind nur näherungsweise wiedergegeben. Das hier vereinfacht wiedergegebene Ergebnis entspricht daher nicht exakt der Addition der vorangestellten Werte)
Erläuterungen der Unterschiede in der Ost – West – Anpassung:
Die oben aufgeführten Berechnungen lassen erkennen, dass die Unterschiede bei der Anpassung auf die Ermittlung des Lohnfaktors sowie den Ausgleichsbedarf zurückzuführen sind. Zum besseren Verständnis ist die Zusammensetzung des Lohnfaktors nachfolgend näher erläutert.
Der Lohnfaktor setzt sich aus dem Vergleich der Bruttolöhne aus der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung (VGR) und der versicherungspflichtigen Bruttolöhne zusammen. Vereinfacht ausgedrückt wird die Entwicklung aller Löhne mit den beitragspflichtigen Löhnen verglichen.
Für das Jahr 2012 wurde eine Veränderung der Bruttolöhne nach der VGR für den Rechtskreis West in Höhe von 3,17 % ermittelt, für den Rechtskreis Ost in Höhe von 3,19 %. Da beide Werte annähernd gleich sind, kann die allgemeine Lohnentwicklung für das Jahr 2012 den Unterschied zwischen den letztlich relevanten Lohnfaktoren in Ost und West nicht erklären. Vielmehr sind die Gründe für die Unterschiede in der Anpassungshöhe überwiegend in der Entwicklung der beitragspflichtigen Löhne zu finden.
Gründe für die Veränderungen der versicherungspflichtigen Löhne:
- Im Rechtskreis Ost wurde 2011 die Beitragsbemessungsgrenze (BBG) angehoben, im Westen nicht. Damit erhöhte sich das im Osten zu versichernde Entgelt in Relation stärker als im Westen.
- Im Rechtskreis Ost sind im Jahr 2011 die gemeldeten geringfügigen Beschäftigungen um rund 0,7 % zurückgegangen. Im Rechtskreis West haben sie um circa 2,3 % zugenommen. Dies führt zu einem Anstieg des Durchschnittsentgeltes für den Rechtskreis Ost und zu einer Senkung des Durchschnittsentgeltes für den Rechtskreis West.
- Im Jahr 2011 hat in beiden Rechtskreisen aufgrund der demografischen Entwicklung die Zahl der Auszubildenden abgenommen. Im Rechtskreis West nahm die Zahl der Auszubildenden um 2,3 % und im Rechtskreis Ost um 13,2 % ab. Da Auszubildende in aller Regel nur geringe Entgelte beziehen, erhöht sich der Durchschnittsverdienst, da die Zahl der Geringverdiener abnimmt.
- Untersuchungen des Arbeitsmarktes für das Jahr 2011 haben gezeigt, dass neu in den Arbeitsmarkt Eingetretene im Rechtskreis West in erkennbar höherem Maße unterdurchschnittliche Verdienste erzielten, als dies im Rechtskreis Ost der Fall war. Auch dies hat zur Folge dass in Relation die Durchschnittsverdienste im Rechtskreis Ost stärker steigen als im Rechtskreis West.
(Quelle: Selbstverwaltungsbüro DRV-Bund)
Siehe auch:
Bundeseinheitliches Rentenrecht?
{dynlist=Ostrenten#}