Das neue Erwerbsminderungsrecht bringt erhebliche Verbesserungen für den von Erwerbsminderung betroffenen Personenkreis. Das gilt insbesondere für die Erwerbsminderungszugänge ab dem 01.01.2019. Ein Mangel aus unserer Sicht ist jedoch, dass die neuen Regelungen nur für Neurentner gelten. D.h. dass die Erwerbsminderungsrentner, die schon eine Rente beziehen, nicht an den Verbesserungen teilhaben.
Es handelt sich also wie in vielen anderen Gesetzen vorher um eine reine Stichtagsregelung. Das bedeutet eben auch, dass es bei den Alterwerbsminderungsrentner*innen weiterhin mehr Rentner*innen geben wird, die auf eine Grundsicherung angewiesen sind, soweit dafür unter Berücksichtigung des Gesamtfamilieneinkommens ein Anspruch besteht, als bei denen die unter das neue Recht fallen. Die neuen Regelungen sind in nachstehenden Fragen und Antworten zu entnehmen:
Die Zahlen der Grundsicherungsstatistik belegen, dass Menschen, die eine Erwerbsminderungsrente beziehen, vergleichsweise oft ergänzend Leistungen der Grundsicherung erhalten. Ende 2017 waren dies rund 14,7 Prozent aller Bezieher einer Erwerbsminderungsrente. Damit hat sich die Quote in den letzten zehn Jahren in etwa verdreifacht. Die Rentenversicherung hat deshalb in der Vergangenheit wiederholt deutlich gemacht, dass gerade für diesen Personenkreis zielgerichtete Lösungen zur Armutsbekämpfung notwendig sind.
Mit dem Rentenpaket 2014 wurde die Zurechnungszeit bei Rentenneuzugängen ab 1. Juli 2014 um zwei Jahre verlängert. Erwerbsgeminderte wurden dadurch so gestellt, als hätten sie mit ihrem bisherigen Einkommen bis zum 62. statt wie vorher bis zum 60. Geburtstag weitergearbeitet. Das heißt, es werden zusätzliche Zeiten berücksichtigt, für die keine Beiträge gezahlt wurden. Die Zurechnungszeit steigert so die Rente. Darüber hinaus wirken sich seither eventuelle Einkommenseinbußen in den letzten vier Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung nicht mehr negativ auf die Rentenhöhe aus.
Durch die Verlängerung der Zurechnungszeit vom 60. auf das 62. Lebensjahr fallen volle Erwerbsminderungsrenten im Monat durchschnittlich um 40 Euro höher aus.
Bei Rentenneuzugängen ab dem 1. Januar 2018 wurde die Zurechnungszeit schrittweise um weitere drei Jahre verlängert. Ab einem Rentenbeginn im Jahr 2024 würden Erwerbsgeminderte dann so gestellt, als ob sie mit ihrem bisherigen durchschnittlichen Einkommen bis zum 65. Geburtstag weitergearbeitet hätten.
Nach dem Gesetzentwurf ist beabsichtigt, die Zurechnungszeit ab dem 1. Januar 2019 nicht schrittweise sondern in einem Schritt auf 65 Jahre und acht Monate anzuheben. Ab dem 1. Januar 2020 steigt die Zurechnungszeit bis 2027 in jedem Jahr um einen Monat, danach jährlich um zwei Monate. Dieser Prozess endet im Jahr 2031, wenn die reguläre Altersgrenze von 67 Jahren erreicht ist.
Die im Gesetzentwurf vorgesehene Verlängerung der Zurechnungszeit in einem Schritt wird Erwerbsminderungsrenten mit einem Rentenbeginn ab dem Jahr 2019 um circa 70 Euro monatlich erhöhen.
Es profitieren alle Erwerbsminderungsrentenzugänge ab Inkrafttreten des Gesetzes von der beabsichtigten Neuregelung.
Die Bundesregierung geht von Mehrausgaben in Höhe von 100 Millionen Euro im Jahr 2019 aus. Bis 2025 wird mit einem Anstieg der Kosten auf eine Milliarde Euro pro Jahr gerechnet.
Für Versicherte, die sowohl die Voraussetzungen für eine Erwerbsminderungsrente als auch für eine vorgezogene Altersrente erfüllen, wird die Erwerbsminderungsrente durch die Neuregelung im Verhältnis zur Altersrente teils deutlich höher ausfallen. Es ist daher zu erwarten, dass zukünftig in der Altersgruppe ab 60 deutlich mehr Anträge auf Erwerbsminderungsrenten gestellt werden. Erwerbsminderungsrenten werden allerdings nur bei Vorliegen entsprechender gesundheitlicher Einschränkungen gewährt werden. Diese prüft die Rentenversicherung sehr genau.
Quelle: DRV-Bund 2018
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